Seitdem ich mir vor ca. 1 1/2 Jahren einen Musicman Reflex 5HSS gekauft habe, wurde dieser
schnell zu meinem "Lieblingsbass". Aufgrund der zahlreichen Pickup-Kombinationsmöglichkeiten kann man schnell zwischen verschiedenen Sounds wählen. Das macht diesen Bass zu einem
"One-for-all"-Einsatzgerät.
Über den GameChanger habe ich bisher nur im Internet lesen können. Aber auch hier
gab es nicht sooo viele Berichte über diesen Bass. Ein Bass in der 2700 Euro Preisregion findet erwartungsgemäß nicht viele Käufer...
Wie alle Music Man Bässe wird auch der GameChanger in einem passgenauen
Music Man Kunststoff-Koffer geliefert. Der erste Eindruck: Ein top-verarbeitetes Instrument, keine schief sitzenden PU-Schrauben, keine große Spaltmaße, nichts wackelt und die Lackierung ohne
Makel.
Der GameChanger kommt etwas leichter als der Reflex 5 daher. Trotzdem
täuscht der erste Eindruck: Die äußeren Abmaße des Basses vermitteln einen kompakten Eindruck, das Gewicht ist trotzdem nicht von schlechten Eltern.
Der Body weist ein angehmes Shaping auf und bietet eine angenehme
Arm-Auflage, das Body-umlaufende Binding wirkt sehr edel.
Die Kopfplatte ist im Vergleich zu der von den Fender Bässen eher
zierlich und ebenfalls, passend zum Body, schwarz lackiert. Alle Saiten werden durch einen durchgehenden Saitenniederhalter geführt. Leider ist man so bei einem Saitenwechsel zu erhöhter Vorsicht
gezwungen, wenn man die Lackierung nicht zerkratzen möchte...
Anders als bei den zuerst hergestellten 25th Anniversary verwendet Music
Man beim GameChanger selbstentwickelte "Lightweight" Mechaniken:
Anders als bei meinem 5-saitigen Reflex konnte ich beim GameChanger keine Kopflastigkeit
feststellen. Der Bass hängt ausgewogen im Gurt ohne sich gen Head neigen zu wollen. Mittlerweile habe ich mich auch an das etwas andere Body-Shaping gewöhnt, welches irgendwie dazu führt, dass
der Bass-Body mehr "vorm Bauch" hängt und die tiefen Lagen somit "weiter weg" erscheinen. "Neulinge" werden dies jedoch als "komisch" empfinden...
Der Hals ist 5-fach verschraubt, die Halstaschen sind korpusseitig abgeflacht, so dass die
hohen Lagen mühelos erreichbar sind.
Die Halsrückseite ist typisch Music Man nur geölt und gewachst. Dadurch
wird ein sehr angenehmes Spielgefühl vermittelt. Die Halsbreite bewegt sich mit knappen 41 mm (1. Bund) in den für 4-Saiter üblichen Abmaßen. Das Halsprofil ist schmal
gehalten.
Der 4-Band Equalizer wird mit zwei Stacked-Potis bedient. Die
Frequenzbänder sind stimmig gewählt worden, wobei auch hier das Höhenband nur sehr wenig Wirkung auf den Klang hat. Sehr gut und hilfsreich sind die beiden Mittenbänder. Mit diesen beiden
Bereichen kann man so ziemlich alle Wünsche der Soundgestaltung abdecken.
Zu guter Letzt kann man die Elektronik des Basses passiv schalten. Der
4-Band EQ ist deaktiviert, zur Klangformung steht lediglich ein ToneBlend zur Verfügung. Im PassivModus wird der hohe Output des Basses ein wenig gedrosselt. Der Sound verliert ein wenig die
"Spitzen", bleibt aber dennoch sehr prägnant. Die Höhenblende arbeitet weit abgestimmt und lässt keine Wünsche offen.
Doch was macht den GameChanger jetzt so anders?
Der Bass wird mit einem USB-Kabel ausgeliefert. Das unterscheidet ihn
schon mal vom Großteil der "üblichen" Bässe. Und es stehen 3 Ein-/Ausgänge zur Verfügung:
Ein Blick unter die Abdeckung des Elektronikfaches
offenbart:
Aufgeräumt ja, aber auch im Vergleich zu den üblichen Elektroniken ist
hier halt einfach ein wenig mehr "Elektronik" vorhanden. Und was auch ungewöhnlich erscheint: Der Bass wird nicht, wie sonst üblich, mit einem (oder zwei) 9 Volt Blöcken betrieben. Hier werden 3x
AA Batterien verwendet, die eine 100 Stunden lange Spielzeit ermöglichen sollen.
Das Konzept des GameChangers basiert darauf, eine Vielzahl
unterschiedlichster Pickup-Verschaltungen vornehmen zu können. Mit der Elektronik wird das Signal verstärkt und die Pickups verschaltet, das Signal bleibt in allen Fällen analog (und wird nicht
gesampelt etc.).
Standardmäßig kann man 25 verschiedene Presets am Bass abrufen. Dazu sind
ein 5-fach Bank-Wahlschalter (oberhalb des EQs) und ein Preset-Kippschalter (am oberen Korpushorn) vorhanden.
Wie können die 25 Presets aussehen?
Der GameChanger kann im aktiven oder im passiven Modus betrieben werden.
Umgeschaltet wird durch ziehen/drücken des Tone-Potis. Mit dem 5-fach Wahlschalter kann man jeweils im aktiv bzw. passiv-Modus zwischen 5 verschiedenen PU-Verschaltungen
wählen:
Bank A ist der aktive Modus, Bank B ist der passive
Modus.
Die Kürzel sind wie folgt zu deuten:
Die vier Spulen (Coils) der beiden Humbucker sind von 1...4
durchnummeriert. Spule 1 liegt am nahesten an der Brücke, demzufolge ist Spule 4 die am Brücken-äußersten.
1s2 bedeutet, dass die Spulen 1 und 2 seriell miteinander verbunden sind.
1p2 bedeutet, dass die Spulen 1 und 2 parallel miteinander verbunden sind
Logischerweise bedeutet dann (1s2)p(3s4), dass die jeweiligen Spulen der einzelnen Humbucker seriell verschaltet sind, die
Humbucker untereinander sind parallel verschaltet.
Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass bei der Wahl der
Brücken-näheren Spulen der Sound Mitten- und Höhenreicher ist und knackiger klingen, als der Sound der Spulen, die mehr in der Nähe des Halses liegen. Nun kommt noch hinzu, dass Spulen, die
seriell untereinander verschaltet sind, einen deutlich basslastigeren Sound erzeugen, als parallel verschaltete Spulen. Nun kann man sich grob vorstellen, wie die einzelnen Presets klingen
könnten.
Aber, das ist noch nicht alles. Mit einem Momentary-Switch können weitere
15 Presets abgerufen werden:
Aber, das ist immer noch nicht alles! Nicht umsonst befindet sich im
Lieferumfang des Basses ein USB-Kabel und ein USB-Stick (zur Installation eines notwendigen PlugIns auf dem Rechner. Das PlugIn kann aber auch direkt von der GameChanger Homepage aus installiert
werden). Mittels der MusicMan
Gamechanger-Homepage kann man weitere PU-Verschaltungen
vornehmen und als Preset auf dem Bass speichern.
So gelangt man zur GameChanger Bass
Auswahlseite:
Hat man erst mal die Anordnungsmöglichkeiten verstanden, sind viele
verschiedene Sounds (ca. 250.000) erstellbar, speicherbar und wiederabrufbar. Ist der Bass mit dem Computer verbunden, kann man die Presets sofort testen, ohne dass sie auf dem Bass gespeichert
wurden. Nicht gespeicherte Presets sind durch ein * gekennzeichnet. Natürlich kann man jederzeit die werkseitig gespeicherten
Presets per "Reset" wiederherstellen.
Per MIDI können die Presets ebenfalls geschaltet werden. Diese
Möglichkeit habe ich jedoch nicht getestet.
Music Man möchte mit dem GameChanger neue Wege erkunden. Das ist m.E.
sehr gut gelungen. Die Fülle an verschiedenen Sounds ist schier unendlich. Natürlich kann man davon ausgehen, dass sich viiiiele Sounds nur minimal voneinander unterscheiden. Dennoch ist es auch
möglich, den Bass von Preset zu Preset völlig anders klingen zu lassen. Genau dieses mag ich auch an meinem Reflex 5HSS, man kann sogar den Grundsound des Basses ändern! Es macht Spaß, immer
wieder neue Presets zu erstellen und zu testen. Man glaubt gar nicht, was für Klang-Unterschiede die einzelnen Spulenanordnungen haben können. Man kann nur mit einer Spule spielen, mit zwei
Spulen, mit drei oder halt mit vier Spulen, man kann ein "Mute"-Preset anlegen, man kann Spulen "out-of-Phase" schalten...
Aber:
Während man beim Reflex 5HSS anhand der Schalterstellungen noch
nachvollziehen kann, in welchem Modus man sich befindet bzw. welche PUs man aktiviert hat, verliert man beim GameChanger schnell die Übersicht. Wer kann sich schon 25 Presets merken? Entweder man
schreibt sich die Presets auf oder man betreibt den Bass stets verbunden mit einem Laptop bzw. Tablet (oder per Midi...?). Bei der Wahl mittels 5-fach Bankschalter kann man ja noch
nachvollziehen, "wo man sich gerade befindet", bei der Preset-Auswahl über den Preset-Schalter ist man schnell hoffnungslos verloren. Es mag komisch klingen und vielleicht noch komischer
aussehen, aber ich hätte mir eine Anzeige (am Bass?) gewünscht, welches Preset ich aktuell gewählt habe.
Der Bass wird m.E. eher etwas für Soundtüftler sein. Für jemanden, der
einfach nur "loslegen" möchte, sind die Möglichkeiten des Basses einfach zu umfangreich.