Traynor YBA-100

Seit 1963 stellt die kanadische Ampschmiede Verstärker für Bässe, etwas später auch für Gitarren her. Während es jedoch Hersteller wie Ampeg oder Marshall geschafft haben, sich einen Namen unter Musikern der ganzen Welt zu erspielen, blieb die Marke Traynor immer ein wenig unter dem Radar vieler Musiker.

 

Meine Bekanntschaft mit Traynor fing mit einem YBA-200 an. Den Amp habe ich lange Zeit sehr gerne gespielt. "Röhrenfeeling" pur, kompakt und leicht verpackt erfüllte der 200er meine damaligen Vorstellungen meines Wunschsounds. 

 

Neugierig geworden testete ich natürlich auch den YBA-300, welcher vom Sound her ein wenig anders klang. Als dann der YBA-100 angekündigt wurde, stand für mich fest, dass ich diesen Amp auch unbedingt anspielen muss. Nur leider gibt es keinen Vertrieb für Traynor in Deutschland, so dass ich mich auf die Suche im Internet machen musste. Aber ich wurde schnell in Schweden fündig. Und schon konnte ich einen Traynor YBA-100 auspacken und testen.

Übersicht

  • Bauform: Topteil im Holzgehäuse
  • Technik: Röhre
  • Röhrenbestückung: 3x 12AX7, 1x 12AU7 in der Vorstufe, 4x 6L6 in der Endstufe
  • Endstufenleistung: 100 Watt (an 4 oder 8 Ohm)
  • Eingänge: Passiv, Aktiv
  • Ausgänge: 2x Speaker (Klinke), 1x Speakon, Tuner Out, DI Out
  • Klangregelung: Bass, param. Mid, Treble, Deep, Resonance, Bright
  • Effektwege: Seriell (Preamp out/ Amp in)
  • Gewicht: ca. 10 kg

Konzept

Als der Postbote das Paket mit dem YBA-100 übergab, wurde ich ein wenig skeptisch. Denn es war erstaunlich klein und leicht. Da soll ein Röhrenamp enthalten sein?

Also schnell ausgepackt und die anfänglich Skepsis verflog. Tatsächlich ein Amp! Aber wie klein der war! Nun, gerade mal knappe 50 cm breit, 22 cm tief und ebenso 22 cm hoch und mit einem Gewicht von gerade 10 kg steht er nun da. Wahrlich ein Amp im Toaster-Format. Auf seitliche Klappgriffe kann man verzichten, der stattliche Griff auf der Oberseite des Amps genügt allemal zum Transportieren des Amps.

 

Leider habe ich die Angewohnheit, erst einmal alle neuen Amps aufzuschrauben, bevor ich sie überhaupt das erste mal teste. In der Vergangenheit wurde ich leider schon zu oft mit Transportschäden überrascht, die äußerlich nicht zu bemerken waren.

Wie bisher alle Traynor-Amps, die ich besitze/besessen habe, sind sie sehr Service-freundlich aufgebaut. Die Innereien sind schnell erreichbar und waren bisher immer sehr übersichtlich angeordnet.

Zwei seitlich angeordnete Holzwangen halten das Metallchassis, welches wiederum den aus Stahlblech geformten "Käfig" halten, welcher die Röhren sowie die Trafos schützen soll. Zur Gewichtsersparnis hat man beim YBA-100 sowohl für die Stromversorgung sowie für die Ausgangsübertragung Ringkerntrafos gewählt.

Die Preamps- sowie Endstufenröhren stecken in Sockeln, die wiederum direkt auf Platinen verlötet sind. Das funktioniert eigentlich ganz gut, so lange man nicht intensives Tube-rolling betreibt. Denn auch das haben meine Erfahrungen mit Traynor Amps gezeigt, dass Bemühungen zum Entfernen der Röhren sich schnell auf die Lötverbindungen übertragen und diese ggf. brechen können.

 

Der Preamp des YBA-100 ist identisch mit dem des großen Bruders YBA-300:

 

Für den Anschluss eines Basses stehen zwei Klinkeneingänge zur Verfügung, wobei für pegelstärkere Bässe der "aktive" Eingang genutzt werden kann.

So verfügt der 100er auch über drei schaltbare Presets, während diese beim 200er tlw. noch stufenlos per Poti regelbar waren. Das "Deep"-Preset stellt die typische "EQ-Badewanne" her. Die Bässe und die Höhen werden betont, während die Mitten gleichzeitig ein wenig abgesenkt werden. Bright fügt dem Sound einen ordentlichen Schuss Höhen hinzu, während Resonance den Dämpfungsfaktor beeinflusst.

Ich erwähnte es bestimmt schon ein paar mal, ich bin großer Fan von semiparam. Mittenregelungen, stellen diese m.E. den wichtigsten Part bei der Findung meines "Wunschsounds" dar.

Wie schon beim 200er arbeitet der EQ des YBA100 angenehm mit weitem Regelungsweg, abergroßartige Soundunterschiede sind nicht zu erwarten.

 Anders als beim 300er wird Standby nur über einen kleinen Druckschalter aktiviert/deaktiviert. Eine Leuchte informiert über den Betriebszustand.

Selbst die Rückseite ist nahezu identisch mit der des YBA-300:

Den DI-OUt hat Traynor auf der Rückseite des YBA-100 angeordnet, ebenso wie den Tuner-Out. Zum Anschluss der Boxen stehen neben den Klinkenausgängen ein Speakon-Anschluss bereit. Per Schiebeschalter kann zwischen einer Impedanz von 4 oder 8 Ohm gewählt werden. 

 

Der BIAS der vier Endstufenröhrenpaare kann von außen ohne Öffnen des Amps eingestellt werden. Dazu ist nicht einmal ein Spannungsmessgerät notwendig, die korrekte Einstellung des BIAS wird jeweils durch zwei LEDs vereinfacht:

 

Blau bedeutet, dass dieser zu niedrig eingestellt ist, gelb bedeutet, dass dieser zu hoch eingestellt ist. Leuchtet keine der beiden LEDs, ist der BIAS richtig eingestellt. Ein nicht korrekt eingestellter BIAS macht sich schnell durch ein störendes Brummen bemerkbar. Eine rote LED signalisiert, dass mit dem Röhrenpaar etwas nicht stimmt. Gleichzeitig wird dieses Röhrenpaar abgeschaltet, der Amp kann jedoch mit verminderter Leistung weiter genutzt werden.

Sound

Ich nehme die Spannung: Der YBA-100 klingt wie der YBA-300.

Kein Wunder, sind die Amps fast identisch aufgebaut.

Anders als viele andere Schwergewichts-Vollröhren neigt der Traynor YBA-100 tendenziell nicht zu dröhnigen Bässen. Dieser Frequenzbereich klingt ausgesprochen luftig unterstützt von relativ "weichen" Mitten. Die Mitten klingen angenehm verhalten und stellen sich nicht in den Vordergrund.

Ähnliches gilt auch für Höhen. Sie sind in ausreichendem Maße vorhanden und lassen sich bei Bedarf mit dem EQ noch ein wenig nachregeln.

Mit dem Preset Deep wird die typische EQ-Badewanne aktiviert, welche die Bässe und Höhen leicht betont und gleichzeitig die Mitten absenkt. Anders als beim 300er stellt dieses Preset die Bässe nicht so sehr in den Vordergrund. Der Sound wird zwar recht bauchig, verliert aber nicht zu sehr an Durchsetzungsvermögen. 

Mit Bright werden die Mitten und Hochmitten betont. Der Sound wird deutlich knackiger und geht mehr "nach vorn".

Mit dem Preset Resonance, welches beim 200er noch stufenlos regelbar war, wird der Dämpfungsfaktor verändert. Aber auch hier arbeitet dieses Preset recht subtil und (für meine Ohren) kaum wahrnehmbar. 

 

Wie schon erwähnt, benutzen der YBA-100 sowie der YBA-300 eine identische Vorstufe. Die Amps unterscheiden sich lediglich in der Auslegung der Endstufe. Aber genau hier liegt auch der größte Unterschied. Während der 300er fast gemächlich seine Leistung entfaltet, kommt der YBA-100 schnell an seine Leistungsgrenzen. Zu Hause im stillen Kämmerlein an einer 410er gespielt erspielte sich der 100er noch den EIndruck "wow - Power pur". Jedoch im Band-Kontext ging der Amp recht schnell unter. Damit will ich sagen, dass selbst an zwei 410er der Amp sich einfach nicht durchsetzen konnte.

Ich spiele oft und gerne einen EBS T90 und weiß daher, dass Leistungsklassen um die 100 Watt ausreichen könne, um z.B. einen Probenraum oder ein Bühnenmonitoring zu beschallen.

Um "laut" zu werden, musste ich den YBA-100 im wahrsten Sinne des Wortes weeeit aufdrehen. Das Ergebnis war dann aber ein sehr weicher Sound, welcher sich im Bandkontext nicht durchsetzen konnte.

Fazit

Anfangs war ich schwer begeistert vom YBA-100. Das Teil klang 1:1 wie der YBA-300, war aber aufgrund der Abmaße und es Gewichtes deutlich handlicher. Was wollte ich mehr? 

Das Konzept des Amps finde ich genial. Klein und leicht und einfach zu bedienen. Trotzdem muss man nicht auf "moderne" Features ála diy-BIAS Einstellungen verzichten.

Aber schnell musste ich feststellen, dass die Leistung des 100er nicht reicht, um selbst in aufgeräumter Probenraumlautstärke mithalten zu können. Auf einen Gig-Einsatz habe ich verzichtet.

Wirklich schade, denn meine Erfahrungen mit Amps gleicher Leistungsklasse haben gezeigt, dass knappe 100 Watt ausreichen können, um selbst Gigs beschallen zu können. (Genügend Membran-Fläche natürlich vorausgesetzt.)