Seit einigen Jahren spiele ich u.a. einen Traynor YBA-200II und einen Traynor YBA-300. Es sind relativ unterschiedlich klingende Amps. Beiden gleich ist der "röhrige" Ton.
Leider haben es Amps aus dem Hause Traynor nicht zur gleichen Bekanntheit geschafft, wie z.B. Amps aus dem Hause Ampeg. Beide Marken wurden zwar ungefähr zur gleichen Zeit gegründet, jedoch schaffte es Ampeg, sich als DER Hersteller und als DER Inbegriff für Bass-Amps lange Zeit zu behaupten. Dennoch blieb Traynor auf dem Markt und hat es gerade auf dem Ursprungskontinet bis heute geschafft, sich eine große Fan-Gemeinde aufzubauen. Dazu muss man bemerken, dass Traynor bis heute seine Amps in Kanada herstellt, während die meisten anderen Hersteller zwar noch im Ursprungsland entwickeln, jedoch in Asien herstellen lassen.
Der Traynor TS-50B hat insbesondere durch den Bassisten der Band Shellac eine gewisse Bekanntheit erreicht. Der Amp verwendet zur Leistungsverstärkung Transistoren, jedoch schätzen viele Bassisten den leicht komprimierten und verzerrten Klang eines Röhrenboliden, den der TS-50B schon bei vergleichsweise geringen Lautstärken bietet.
Der TS-50B wurde für relativ kurze Zeit ab 1979 hergestellt. Der hier vorgestellte Amp wurde 1981 produziert und anschließend (augenscheinlich) viel genutzt. Trotz des Alters und der im Laufe der Zeit erhaltenen "Blessuren" funktioniert der Amp tadellos.
Anders als seine mir bisher bekannten Kollegen aus dem Hause Traynor, wurden hier zur Vor- und Endverstärkung Transistoren verwendet. Dies bedeutet einerseits eine erfreuliche Gewichtsreduzierung, da man sich das Gewicht eines Ausgangsübertragers spart, andererseits befürchten viele einen sterilen und "kalten" Sound.
Der Traynor TS-50B wurde in einem stabilen Holzcase verpackt, welches mit einem strapazierfähigem Tolex bezogen wurde. Die Ecken wurden zudem mit verchromten Metallecken gegen Stöße geschützt. Wenn man bedenkt, dass mein TS-50B knappe 40 Jahre intensiv genutzt wurde, sieht er zwar "gebraucht" aus, ist aber dennoch in einem erstaunlich gutem Zustand.
Die "Innereien" des TS-50B fallen noch bescheidener aus, als die seiner "Röhrenkollegen" ála YBA-3 oder YBA-4:
Für das Chassis des Amps wurde vergleichsweise dünnes Blech verwendet, welches gleichzeitig zur Wärmeableitung der Transistoren genutzt wird. Die Stabilität des Bleches erscheint ausreichend. Einzig der Netztrafo ragt von der Größe und auch vom Gewicht her deutlich über die übrigen verbauten Bauteile hinaus.
Der Preamp des TS-50B ist einfach aufgebaut und lässt sich daher relativ einfach nachbauen:
So findet sich dieser in der Tronographic "Rusty Box" wieder.
Das Frontpanel ist eher übersichtlich:
Für den Anschluss eines Basses stehen zwei Eingänge zur Verfügung: Normal ist hier jedoch der Anschluss für einen Bass mit hohem Output, während geringere Eingangslevel am Input Low angeschlossen werden sollten.
Gain regelt die Eingangsempfindlichkeit. Während das Gain-Poti noch recht gutmütig cleane Sounds aussteuert, kann mit der Aktivierung des Boost-Kippschalters noch ´ne "Schippe drauf gelegt" werden. Sobald Boost aktiviert wird, verlässt der Preamp schnell den cleanen Bereich. Das Gain-Poti sollte dann nur noch vorsichtig bedient werden, da große Lautstärke-Unterschiede die Folge sind.
Die Klangregelung ist 3-bändig aufgebaut. Middle, Bass und Treble können bemüht werden, den gewünschten Sound einzustellen. Erstaunlich ist die mögliche Regelweite der einzelnen Potis und die Auswirkungen auf den Sound. Insbesondere das Bass-Poti hat dazu noch große Auswirkungen auf die Gesamtlautstärke, die anschließend mit dem Master wieder "eingefangen" werden kann.
Jedem sollte bewusst sein, dass 50 Watt nicht ausreichen, um z.B. einen mittelgroßen Gig alleinig beschallen zu können. Die Grenzen des cleanen Soundbereichs sind relativ eng gesteckt. Man wundert sich trotzdem ein wenig, wie laut dieser Amp trotzdem werden kann. Es mag daran liegen, dass man durch die sehr gute Klangregelung den Amp sehr gut und einfach "mittig" im Gesamtsound platzieren kann. Dröhnen oder "mulmen" kann der Amp eigentlich nicht, der Sound bleibt auch bei höheren Anforderungen sehr definiert.
Anders sieht es auch, wenn man den Boost-Modus wählt. Der Preamp wird schon bei geringen Gaineinstellungen hart angefahren, der Cleanbereich wird sehr schnell verlassen. Dei Bandbreite an möglichen Zerrsounds reicht dann von leichtem Overdrive bis zu fuzzigen Sounds. Mir gefallen insbesondere die leichten bis mittleren Overdrive-Sounds, da sie angenehm "weich" klingen und ohne kratzige Mitten auskommen. Während bei vielen Effektpedalen die Zerrsounds anscheinend nur über das harte anblasen der Mitten-Hochmitten erreicht werden, klingt es beim TS-50B so, als würde ein viel weiterer Frequenzbereich verzerrt. Obwohl ich eigentlich Cleansounds bevorzuge, klingen die Overdrive-Sounds des Traynors m.E. sehr angenehm und unaufdringlich.