Trace Elliot V8

Kurz nach dem Erwerb des V6 wurde mir der "größere" Bruder angeboten. Da ich durch den V6 eh schon vom Trace Elliot Vollröhren-Sound angetan war, überlegte ich nicht lange und sagte zu. Ich wusste nicht so recht, worauf ich mich eingelassen hatte, denn es sind faktisch null aussagekräftige Informationen über den V8 im Netzt zu finden. Es mag daran liegen, dass der Amp nicht gerade in einer großen Stückzahl gebaut und verkauft wurde. Wer sich dennoch dazu entschlossen hatte, einen zu kaufen, der musste knappe 4300 DM übrig haben.

Die Firma Trace Elliot ist eher für feinsten Transistor-Basssound bekannt. Während eines kurzen Zeitraumes wurden jedoch auch Vollröhrenamps hergestellt, welche bis zum heutigen Tag beinahe "legendären" Status erreicht haben. Zu den begehrten Vollröhrenamps zählen u.a. die Amps aus der Valve-Type Serie. Der V8 stellt wohl aufgrund seiner Leistungsfähigkeit und vielleicht wohl auch aufgrund seiner Seltenheit die "Krönung" dar. Im Internet finden sich viele widersprüchliche Aussagen darüber, wie hoch die tatsächlich produzierte Anzahl an V8-Amps ist. Meistens finden sich Aussagen wie "Nicht mehr als 80 Stück". Eine Anfrage bei Trace Elliot ergab, dass es weniger als 200 Stück jedoch mehr als 80 Stück waren. Genauere Angaben sind nicht mehr zu finden, da die Firma Trace Elliot im Laufe der Jahre etliche Eigentümerwechsel und Umzüge mitgemacht hat, bei denen viele originale Informationen verloren gingen.

Übersicht

  • Bauform: Topteil im Holzgehäuse, schwarzer Vinylbezug, 3 Leder-Tragegriffe
  • Maße: 61 x 29 x 38 (BHT, cm)
  • Gewicht: 28 kg
  • Röhrenbestückung: 8 x KT88, 7 x 12AX9, 1 x EM84
  • Leistung: 200 / 400 Watt (umschaltbar) an 2 o. 4 Ohm
  • Eingänge: Klinke (aktiv), Klinke (passiv)
  • Ausgänge: Speaker (Klinke, XLR), Line Out, DI-Out
  • Klangregelung: Bass, Mitten, Höhen, Schalter Bright, Schalter Deep
  • Effektweg: 1x mono seriell
  • Sonstiges: Kompressor (schaltbar), Impedanzumschalter (2/4 Ohm), Leistungsumschalter (full/half)

Konzept

Die Bedienelemente des Amps sind übersichtlich angeordnet. Keine Kunst, denn es sind ja nicht sooo viele Regler vorhanden.



Dazu ein paar mehr Worte:

Input:


Nichts besonderes: Jeweils ein Klinkeneingang für aktive und passive Bässe. Gain I regelt die Signalstärke, welche dem Preamp zur Verfügung stehen soll. Der Overdrive-Kanal des Amps wird entweder durch betätigen des Push/Pull-Potis Gain II oder durch einen Fußschalter aktiviert. Der Grad der Zerre wird ebenfalls mit Gain II bestimmt, Level (nur im OD-Modus aktiv) kann zur Vermeidung von Lautstärkesprüngen eingesetzt werden, oder aber zur Lautstärkeanhebung bzw. -senkung bei Aktivierung des OD-Kanals.


Equalizer:


Der aktive 3-Band EQ des Amps erlaubt Anhebungen und Abdämpfungen im jeweiligen Frequenzbereich. Wie bei allen V-Type Geräten ist auch der Klang des V8 eher Bass-betont, so dass der Schalter Deep für die Tiefen-Betonung i.d.R. deaktiviert bleibt. Das Middle-Poti ist als Push/Pull-Poti ausgeführt und erlaubt bei Betätigung die Betonung der Mitten, was einen deutlich transparenteren Klang ergibt.

Kompressor:


Der zuschaltbare Kompressor des Amps ist ein s.g. "One-Knob-Comp". Viele Eingriffsmöglichkeiten in die Kompressionsparameter hat man nicht. Level regelt den Kompressionsgrad, mit Master kann die Lautstärke ausgeglichen werden. Eine LED zeigt an, wenn der Kompressor arbeitet. Der Kompressor kann entweder durch Betätigung des Druckschalters oder durch einen Fußschalter aktiviert werden.


Die Rückseite des Amps bietet eine ganze Menge nützlicher Features:


Externes Bias & Sicherungen:


Die Bias-Einstellungen nach einem Röhrenwechsel etc. können vollzogen werden, ohne dass der Amp geöffnet werden muss. Natürlich sollten diese Einstellungen auch nur von fachkundigen Personen vollzogen werden können, da ansonsten ein schneller "Röhrentod" oder gar mehr eintreten kann. Der V8 verfügt über ein s.g. "Failure Managementsystem". Die vier Endstufen-Röhrenpaare sind durch jeweils eine eigene Sicherung abgesichert. Ein durchgebrannte Sicherung wird zusätzlich durch eine LED angezeigt.


Speaker Out:


Der Amp verfügt über einen Klinken- und einen XLR-Ausgang für den Boxenanschluss. Anstelle des XLR-Aschlusses hätte ich mir die Ausführung eines Speakons gewünscht, so wie es jetzt nahezu Standard ist. Der V8 ist für den Anschluss einer Gesamtimpedanz von 2 oder 4 Ohm ausgelegt. Eine weitere Anschlussmöglichkeit einer 8 Ohm Box wäre schön. 
Nach Aussage eines Trace Elliot Entwicklers ist der Ausgangsübertrager des Amps jedoch ausreichend groß dimensioniert, so dass er auch eine Impedanz von 8 Ohm vertragen sollte. Ausprobiert habe ich es noch nicht.
Sehr hilfreich ist der Half Power Switch, mit welchem die Leistung des Amps halbiert werden kann.


Output:


Mit einem angeschlossenen Fussschalter kann der Kompressor und der Overdrive-Kanal aktiviert werden.
Der symmetrierte DI-Out kann wahlweise vor dem EQ (vor Gain I oder Gain II) abgegriffen werden oder nach dem EQ / Kompressor (vor Master). "Groundlift" zur Vermeidung von Brummschleifen ist per Druckschalter möglich. Zur Ansteuerung einer weiteren Endstufe kann ein unsymmetrierter Klinkenausgang genutzt werden. Hier liegt ein Signal an, welches nach dem EQ abgegriffen wird.

Sound

Eins vorweg: Geschmäcker sind verschieden. Wer sich für einen Vollröhrenamp entscheidet, nimmt auch das hohe Gewicht und die Folgekosten in Kauf. Der V8 ist mit 28 kg nicht gerade ein Leichtgewicht, aber jeder, der schon mal einen Ampeg SVT CL oder einen Peavey Classic 400 schleppen durfte, wird sich über dieses "Mittelklasse"-Gewicht freuen. Die drei oberseitig angebrachten Ledergriffe erlauben einen halbwegs praktikablen Transport des Amps. Weite Wegstrecken sind aber auch damit nicht zu empfehlen... 

Die Leistung, die dieser Bolide aus acht KT88 Röhren schöpft, ist eigentlich völlig überdimensioniert. Das angeschlossene Instrument wird gnadenlos direkt wiedergegeben. Wie schon beim V6 ist der "Grundsound" des V8 eher basslastig, so dass dieser Frequenzbereich am EQ eher ein wenig gedämpft werden muss, damit nicht alles zugedröhnt wird. Der Equalizer arbeitet sauber und leicht einstellbar, so dass der gewünschte Sound schnell gefunden ist. Die Betonung der Mitten hebt den Sound deutlich aus dem Bandkontext heraus, ohne jedoch das "Fundament" zu verlieren.

Sehr gut gelungen ist der zuschaltbare Overdrive-Kanal. Der damit mögliche Zerrsound reicht von "billiger Säge" bis hin zum "Tiefbassgewitter". Unterschiedlich eingestellte Zerrgrade bewirken unterschiedliche Lautstärken, die jedoch mittels des Level-Reglers angepasst werden können.

Im Full Power Modus ist der Amp praktisch nicht bis an die Leistungsgrenzen zu bringen. Wird der Overdrive nicht aktiviert ist auch keine Zerre möglich, d.h. der Sound bleibt weitestgehend clean. Interessant wird es jedoch im Half Power Modus. Wie es der Name schon verrät, arbeitet der Amp dann nur mit halber Leistung. So sind auch Sounds möglich, die man von voll ausgelasteten Röhrenamps kennt. Eine harmonisch klingende Zerre ist so möglich.

Der On-Board-Kompressor arbeitet sehr subtil und komprimiert sehr sanft. Eine gewünschte Kompressionseinstellung ist schnell gefunden. Der Kompressor erinnerte mich sehr an die Arbeitsweise meines BBE Opto Stomps.

Der DI-Out liegt, anders als bei den kleineren Brüdern, nicht auf der Vorderseite (was ich sehr gut finde...), sondern auf der Rückseite.

Der Amp arbeitet angenehm rauschfrei. Nur zwei im Innern des Amps arbeitende 12 cm Radiallüfter sind etwas deutlicher zu hören, was aber im Live-Betrieb nicht störend ist.

Fazit

Ich habe lange überlegt, überhaupt ein Review über den V8 zu verfassen. Wozu einen Amp beschreiben, den es praktisch gar nicht gibt?

Es erreichten mich Anfragen, warum ich mich denn nicht vom V6 trenne, da ich ja jetzt den V8 besitze... 
Antwort: Beide Amps klingen, obwohl konzeptionell gleich aufgebaut, unterschiedlich. Der V6 klingt sehr "bauchig" und deutlich nach Vollröhre. Dies macht sich durch eine gewisse "Trägheit" in der Ansprache deutlich. Dadurch wirkt er immer etwas "weich".
Der V8 hingegen ist ein "Rocker", gnadenlos direkt in der Ansprache, und deutlich flexibler in der Soundgestaltung. Er verliert dabei aber nicht das typische "Vollröhrenfeeling".

Das wäre auch verwunderlich, wenn man die schier unendlich wirkende Anzahl verbauter Röhren betrachtet. (Unbedarfte können den Amp auch als "Röhrengrab" bezeichnen). Bauartbedingt können die Wartungskosten für den Amp schon mal ordentlich die Haushaltskasse plündern, da ein Satz Endstufenröhren des Typs KT88 locker 250 Euro kosten können.

Die verbaute "Zeigerröhre" EM84 ist jedoch als Gimmick zu betrachten. Sie zeigt die Höhe der Masteraussteuerung der Endstufe an und flackert deutlich sichtbar blaugrün hinter dem Metallgitter. Ich finde es eher "billig"...

Wichtig ist, dass ausreichend dimensionierte Boxen angeschlossen werden. Die Tiefbasswiedergabe ist nur schwer zu zügeln, so dass die Speaker leicht ins "Schlabbern" geraten können. Ich betreibe den Amp mit einer Hughes & Kettner QS410Pro und einer QS115Pro. Beide Boxen sind m.E. aufgrund ihrer leicht mittigen Ausrichtung hervorragend für den V8 geeignet.


Den Hype, der um diesen Vollröhrenboliden gemacht wird, kann ich ein wenig nachvollziehen. Der Amp ist äußerst selten anzutreffen, er ist solide aufgebaut, bietet eine Menge Features und klingt auch noch gut. Ich kann jetzt auch nicht sagen, dass er typisch "Trace Elliot Like" klingt, da Trace Elliot eher für sauberen Transistorsound steht, den dieser Amp wahrlich nicht bietet. Er ist ja nicht mal mit seinem kleineren Bruder vergleichbar...

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10.2010